Ich fühlte mich etwas nervös bei dem Gedanken, alleine feiern zu gehen. Irgendwie ist es komisch, alleine loszugehen. Man kommt sich vor, als habe man keine Freunde, gehöre nicht dazu und hofft gleichzeitig, irgendwie coole Leute zu finden, mit denen man abhängen kann. Doch nicht loszugehen, war für mich auch keine Option. Denn vielleicht wird es ja doch ganz gut. Und man könnte ja was verpassen. Außerdem bin ich nach Berlin gekommen, um aus meiner Komfortzone zu kommen. Der Entschluss stand also fest: Ich werde heute auf die Erstsemester-Party gehen. Allein.
Die Party war über meine Uni beworben worden und sowas ist sicherlich eine gute Möglichkeit, neue Leute kennenzulernen. Mit einer Freundin hätte ich mich zwar besser gefühlt…aber gut. Von meinen Mitbewohnern wollte niemand mit bzw. hatte niemand Zeit. Also machte ich mich alleine auf den Weg.
Ein Abend für die Tonne
Ich weiß nicht, wer das auch kennt, aber es gibt so Abende, da läuft nichts zusammen. Dieser Abend war so einer. Die Party fand in einem Club statt. Ich wusste nicht, was ich so richtig anziehen sollte und hatte mich für ein weißes Shirt mit Muster und einer schwarzen Stoffhose entschieden. Ich kam mir etwas overdressed vor. Denn viele der Mädels im Club hatten sich echt sexy angezogen. Ich sah Hot Pants, enge und kurze Röcke oder Mädels, die Oberteile anhatten, die als Unterwäsche durchgehen würden.
Und dann stand ich da. In dem Club und wusste nicht wohin. Ich schaute mich zunächst um und holte mir eine Cola Zero, um wenigstens etwas in der Hand zu haben. „Kein Problem,“, sagte ich innerlich zu mir selbst, „du wirst schon Leute kennenlernen. Gaaanz ruhig.“ Ich machte dann das, was mir in solchen Situationen am meistens Spaß macht: Leute beobachten. Ich sah Leute beim Tanzen Spaß haben, lachen, grölen und in dunklen Ecken auch die ersten Pärchen knutschen. Auf die war ich etwas neidisch.
Dann aber kam plötzlich ein Typ auf mich zu. Ziemlich groß (bestimmt über 1,90 Meter), trainiert (sah man am engen Shirt), blonden Haaren und blauen Augen. Er lächelte mich an. Ein „Hey“ kam zart über meine Lippen und ich grinste. Er lächelte mich an, grüßte zurück und fragte, ob er mal vorbei dürfe. Ach so…na dann, tschüss! Ich schaute weiter in die Menge und auf meine Cola. Das lief ja toll. Dann aber schließlich sah ich ihn. Einen smarten Typen mit dunkelblonden Haaren und schicker Frisur. Er stand ein paar Meter entfernt mit zwei anderen Kerlen, doch ich bemerkte, dass er immer wieder mal herschaute. „Es geht los…“, dachte ich mir. Ich wusste doch, dass ich jemanden kennenlernen würde. Ich schaute zurück und lächelte. Er lächelte zurück, doch er kam nicht rüber.
Es wird einfach nicht besser
„Hmmm“, dachte ich nach einigem Warten, „vielleicht braucht er etwas mehr Motivation.“ Ich stellte mein Glas zur Seite, ging auf die Tanzfläche und fing an, mich zu bewegen. Ich hatte schon seit Kindesbeinen Sport gemacht, zuerst Ballett, später dann Leichtathletik und Tanzen. Ich weiß mich zu bewegen. Ich ließ meine Hüften schwingen, versuchte mich, in den Flow der Musik fallen zu lassen und stellte sicher, dass der junge Mann mich gut sehen konnte. Ja, ich fühlte Aufwind. Jetzt wird es ein guter Abend werden. Ich schloss die Augen für einen kurzen Moment und grinste. Dann wurde es nass.
Ich riss die Augen auf! Ein Kerl war beim Tanzen gestolpert und hat mir sein Bier auf das Shirt geschüttet. Mir lief das Zeug den Bauch herunter. Dem Kerl tat es leid, das sah ich, doch ich war genervt. „So eine Scheiße!“, rief ich. Doch bevor ich noch was sagen konnte, grölte eine Fünfer-Gruppe an Typen etwas von einem „Offiziellen Wet-T-Shirt-Contest“. Ich schaute an mir herunter. Mein Shirt war nass und mein BH, den ich drunter trug, war deutlich zu sehen. Die Kerle lachten, grölten und kippten mir nochmal was aufs Shirt. Da reichte es mir. Ich scheuerte einen von ihnen eine und haute ab. Sie lachten mir nach. Ich schaute kurz zu meinem smarten Typen. Ich war ihm einen Blick zu, der sagte: „Hilf mir!“ Doch in dem Moment, wo ich ihn ansah, dreht er sich weg zu seinen Kumpels. „Arschloch!“, dachte ich. Mir reichte es, so ein Scheißabend. Ich war genervt, klitschnass und sauer. Auf die Typen, auf den smarten Boy und auf mich. Ich wollte ja unbedingt hierher, hier zur Party, nach Berlin und alleine. Selber schuld.
Ich ging nach draußen vor dem Club. Ich zog das nasse Shirt aus und wrang es einmal aus. „Hey Süße, ich glaub du willst zu mir!“, rief mir jemand zu. Ich schaute zur Straße und sah einen Kerl aus dem Beifahrerfenster eines Prollo-BMWs zu mir rüber grinsen. Ich zeigte ihm den Mittelfinger. Er lachte laut und das Auto fuhr weiter. „Alles Wichser hier.“, dachte ich nur und machte mich auf den Weg nach Hause. Ich wollte nur noch ins Bett.
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