Von wegen „versexte“ Welt – wie die Gesellschaft immer konservativer wird

versext

Heutzutage darf man in Sachen Sexualität so viel wie nie zuvor? Ja! Beziehungsweise…nein! Oder doch eher „vielleicht“? Auf der einen Seite mag das schon stimmen, doch auf der anderen Seite gibt es Bewegungen, die alles konservativer machen wollen. Und das sind leider die, die auch bestimmen. Ich gebe dir Beispiele.

Von der Reeperbahn bis zum Porno

Ja, okay, die Reeperbahn ist schon seit langem kultig und freizügig. Die zu besuchen…da muss man sich doch nicht für schämen. Ist ja eine Touristenattraktion. Viel eher muss man sich erklären, wenn man zwar in Hamburg war, aber die Reeperbahn nicht besucht hat. Aber wie sieht es mit auf der Reeperbahn arbeiten aus? Na…schon schwieriger. Vielleicht nicht in Hamburg selbst, da wird das akzeptiert. Aber außerhalb ganz sicher. Oder wie typisch ist der Satz: „Ach, deine Tochter strippt jetzt auf der Reeperbahn? Ja toll, da wird sie sicher viel Geld verdienen. Und tanzen konnte sie ja auch schon immer gut…“

Na gut, aber Swinger- oder Fetischclubs zum Beispiel, da hat sich doch wirklich einiges gegenüber früher getan. Da geht die Gesellschaft jetzt viel offener mit um…also, hinter vorgehaltener Hand. Wirklich offen zugeben will man das ja dann doch nicht, dass man so ein Etablissement besucht. Außer vielleicht auf einem anonymen Social Media-Profil. Aber geparkt wird das Auto dann doch lieber im Hinterhof. Und mit Freunden und Kollegen passen bei einem Essen ja auch besser Themen, die etwas weniger intim sind…die würden sowas schließlich auch nicht erzählen. Verständlich…

Aber Pornos. Komm, das ist jetzt wirklich anders als früher. Und ja, stimmt. Dank Internet hat es sich viel weiter verbreitet. Und es gibt auch viel mehr Plattformen für Privatleute, selbst Pornos zu drehen und zu veröffentlichen…moderne Handykameras und einfachere Videobearbeitungssoftware machen es möglich. Stimmt. Aber ist die Welt deswegen Pornos gegenüber offener geworden? Oder ist dank Internet und zugänglicherer Technik nur die Einstiegsschwelle geringer geworden…und ein ähnliches Angebot hätte es z. B. in den 80igern genauso gegeben, hätte man da bereits den heutigen Stand der Technik gehabt. Na?

Das Beispiel „Porno“

Wer da sagt: Nee, das ist schon ein klares Zeichen für eine offenere Gesellschaft – okay. Kann sein. Aber übrigens: Die Gesellschaft scheint dann auch viel musikalischer geworden zu sein. Internet und zugänglichere/erschwinglichere Technik hat nämlich genauso dazu geführt, dass sich die Anzahl der Musikveröffentlichungen gegenüber vor dem Internetzeitalter stark erhöht haben. Man muss heute nicht mehr zwingend ein teures Studio mieten, um Musik aufzunehmen und braucht keine Plattenfirma mehr, um sie zu veröffentlichten. Gleiche Entwicklung wie beim Porno-Business. Kurios, oder? 😉

Bleiben wir mal beim Porno als Beispiel. Also ja, die sind jetzt viel alltäglicher im Leben als früher, sicherlich. Und mit einem größeren Konsum geht bestimmt auch ein offener Umgang damit einher. Aber hat diese Entwicklung jetzt wirklich eine offenere Gesellschaft verursacht oder doch eher die besseren Verbreitungsmöglichkeiten? Den Jugendlichen von heute wird gerne vorgeworfen, sie würden nur noch am Handy hängen. Aber hätten die Älteren, die diesen Vorwurf machen, in ihrer Jugend wirklich anders gehandelt, hätten sie damals die gleichen Möglichkeiten wie heute gehabt? Fraglich. Was ich damit sagen will: Die Ursache für die Entwicklung in Sachen Porn ist zumindest diskutabel. In den 80igern wäre sie vielleicht schon genauso gewesen, hätte es da bereits die Möglichkeiten von heute gegeben.

Woran man die wirkliche Einstellung einer Gesellschaft erkennen kann

Die Entwicklung einer Gesellschaft kann man doch gut darin beobachten, wie sie mit Dingen umgeht, oder? Und ja, ich finde, das Thema „Sex“ findet heute mehr offenen Umgang. In Medien…wie TV oder Filmen. Menschen schreiben in Blogs darüber, es gibt Podcasts, Plattformen wie den Joyclub und so weiter. Doch bei denjenigen, die dafür verantwortlich sind, die Gesellschaft zu lenken und die von der Gesellschaft gewählt werden und sie damit vertreten sollen…da tue ich mich schwer, viel Offenheit auszumachen.

Die dargestellte Körperlichkeit zwischen Menschen, die Pornografie, gilt heute für Kinder und Jugendliche immer noch als schädlich. Ganz im Gegensatz übrigens zu Gewalt. Die darf relativ großzügig zu Unterhaltungszwecken dargestellt werden, Sex wird aber als schädlich angesehen. Machen darf man es laut Gesetz ab 14 Jahren, sehen aber erst ab 18. Und es gibt auch keine Tendenz, dass sich an dieser Regelung bald etwas ändern könnte.

Man sollte übrigens auch nicht denken, dass die Gesellschaft offener geworden ist, nur weil im Internet so viel Porn verfügbar ist. Dass es dieses Angebot hier in Deutschland gibt, hat nur damit etwas zu tun, dass diese Seiten nicht in Deutschland gehostet werden. In dieser Form wären sie in Deutschland nicht möglich. Der rechtlichen Durchsetzungskraft des deutschen Jugendschutzes sind im Internet nur eben gewisse Grenzen gesetzt.

Das Beispiel „Prostitution“

Ich will hier keinesfalls einen Polit-Blog starten, das ist nicht meine Intention. Aber ich muss ein Beispiel aus der Politik ansprechen: Im letzten Jahr haben sich die CDU-Frauen dafür ausgesprochen, die Prostitution zu verbieten. Begründung: Der Staat würde hier die Würde der Frau und ihr Intimstes zur Ware machen. Worte wie „erniedrigend“, „demütigend“ und „entwürdigend“ wurden da benutzt. Mal davon abgesehen, dass Prostituierte damit in die Illegalität gedrängt werden würden, wo sie viel schlechter geschützt wären als in der Legalität – was hat das mit sexueller Selbstbestimmtheit und Freiheit zu tun? Sex bzw. Sexualität ist ein Grundbedürfnis von Menschen. Und das ist es nicht würdig, durch entsprechende Dienstleistungen bedient zu werden? Eine Gesellschaft, die mit dem Wunsch, ein solch starkes Bedürfnis durch eine entsprechende Dienstleistung ganz legal befriedigen zu dürfen, nicht umgehen kann und solche Worte in diesem Zusammenhang benutzt, die kann ich nicht als „offen“ verstehen. Menschen wollen ihrer Sexualität nachgehen. Warum es also in die Illegalität treiben? Wo verbessert das die Gesellschaft? Es wird nur dazu führen, dass mehr Menschen kriminell werden und/oder ihre eigene Sexualität als etwas Schlimmes/Falsches wahrnehmen, da sie ins Hinterzimmer gedrängt und als etwas Verbotenes dargestellt wird.

Das Beispiel „OnlyFans“

Und es gibt noch ein schönes Beispiel aus dem letzten Jahr: OnlyFans. Von heute auf morgen gab das Unternehmen bekannt, Sexinhalte auf der Plattform verbieten zu wollen. Der Grund dafür war angeblich, dass die Zahlungsverkehrsanbieter, wie zum Beispiel Kreditkartenfirmen, Druck auf OnlyFans ausgeübt hatten, sich aus diesem Geschäft zurückzuziehen, sollte man weiter zusammenarbeiten wollen (und alles andere würde praktisch den Tod der Plattform bedeuten – kein Zahlungsverkehr = kein Geschäft; es hätte damit auch das Ende zahlreicher Sexworker:innen bedeutet).

Ob es nun genauso so war oder nicht, sei einmal dahingestellt. Aber diese Tendenz ist vorhanden. Neuerdings wird gerne der Begriff „Nachhaltigkeit“ dafür benutzt, Dinge in „gut“ und „schlecht“ zu unterteilen. Und diese Einteilung nehmen Aufsichtsbehörden, Kreditinstitute und ähnliche wenige Mächtige vor. Nur fällt unter „Nachhaltigkeit“ nicht nur das Thema „Umwelt“ und „Klima“, sondern auch „Soziales“. Und in der Sichtweise dieser Wenigen hat das Geschäft mit Sex offenbar so gar nichts mit Nachhaltigkeit zu tun. Logisch, oder? Eines der schönsten Dinge im Leben des Menschen kann nicht nachhaltig sein. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass eine Plattform wie OnlyFans irgendwann doch keine Zahlungsanbieter mehr findet, mit denen man zusammenarbeiten kann. Dass jemand, der ein Pornostudio gründen will, keinen Kredit dafür kriegt…genauso wie jemand vielleicht dann eben kein Haus bauen kann, weil das Einkommen aus dem Sexbusiness stammt und man als Bank ja nichts fördern will, das nicht nachhaltig ist.

Versext? Wirklich?

Ich höre und lese oft, dass die Welt immer mehr „versext“. Auch auf Instagram übrigens, einem Dienst, der wohl so beispiellos wie kaum ein anderes Medium Sexuelles zensiert. Und ja, ich sehe, dass sich das Angebot und die Zugangsmöglichkeiten vergrößert haben. Damit einhergehend geht sicherlich, dass das Thema „Sex“ präsenter ist. Doch in dem grundlegenden Denken der Gesellschaft, kann ich diese Offenheit gegenüber Sex nicht erkennen. Ich sehe da eher Tendenzen, mehr verbieten, zensieren und in Hinterzimmer drängen zu wollen.

Das, was man daheim im Bett anstellt, ist in der Regel immer noch ein großes Geheimnis, außer gegenüber einigen wenigen Vertrauenspersonen vielleicht. Sexuelle Vorlieben sind nicht normal, sondern werden zum mobben und diffamieren genutzt. Geleakte Nacktbilder sind peinlich, können Karrieren beenden und gesellschaftliche Ächtung bedeuten. Kinder, deren Eltern im Sexbusiness sind, tun einem leid…was die wohl in der Schule aushalten müssen. Menschen, die im Porn-Business arbeiten, sind interessant, solange man sie nicht Eltern und Freunden vorstellen muss oder in dem eigenen Unternehmen einstellen soll. Sich zu outen, kostet immer noch unglaublich viel Überwindung. Und Mädchen, die offen ihre Sexualität leben, werden immer noch gerne als Schlampen bezeichnet, wenn vielleicht auch nur noch hinter vorgehaltener Hand. Und dann folgt ein Stoßgebet zum Himmel, dass die eigene Tochter bloß nicht so werden möge. Was wäre das peinlich! Ich glaube, an diesen Beispielen merkt man schon, dass die „Offenheit“ der heutigen Gesellschaft dann doch oftmals nur oberflächlich ist. Offen ist man gerne, so lange es einen eben nicht selbst betrifft. Denn wenn doch, treten plötzlich wieder ganz konservative Denkmuster zutage.

Wie viel „versexte“ Welt bleibt da jetzt noch übrig? Ich bin sehr auf deine Meinung gespannt. 🙂 Hinterlasse mir hier doch gerne einen Kommentar…oder meinetwegen auch auf Instagram. Aber dann denke bitte daran, dass du da das Wort „Sex“ auch ja zensierst. 😉 😀

xoxoxo

Deine Lisa – your secret sexy girl next door

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